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Felix Syrovatka

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Der erste Test

Felix Syrovatka · 21. März 2017 ·

Scheinbar haben die deutschen Journalisten gestern ein anderes Fernsehduell gesehen als ich. Liest man die deutsche Berichterstattung wird fast überall die „Performance“ von Emmanuel Macron hervorgehoben und mit einer – direkt nach der Debatte gemachten – Umfrage untermauert, in der 29% Macron am überzeugendsten fanden. Dazu sollte man jedoch wissen, dass diese Umfrage weder zuverlässig noch repräsentativ war.
 
Die französischen Medien haben in erster Linie den Kandidaten der Linksfront Jean-Luc Mélenchon vorne gesehen. Ich habe das genauso gesehen, zumal das Format insgesamt nur wenig Spielraum für Angriffe und „sich Etablieren“ lies. Und diesen wenigen Raum hat auch meines Erachtens Jean-Luc Mélenchon sehr gut für sich nutzen können. Er hat nicht nur klar und deutlich seine Position vertreten, sondern konnte auch immer wieder Treffer gegen Le Pen und Emmanuel Macron landen. Vor allem bei den Themen Renten, Löhne, Europa, Euro und Krieg sowie Integration war Mélenchon besonders eindrucksvoll. Denn er agierte mit Witz und einem nicht zu verkennenden Charme. So etwa, als es um Korruption und die Ermittlungen gegen PolitikerInnen ging und der Moderator sehr allgemein in seiner Beschreibung blieb. Mélenchon harkte da ein und betonte: „Hier gibt es nur zwei Personen die beteiligt sind und zwar Fillon und LePen. Wir haben damit nichts zu tun!“. Herausragend war sein Schlusswort, in dem er betont, dass es ihm nicht um den nächsten Karriereschritt gehe, sondern um eine politische Mission, Frankreich von der Oligarchie zu befreien. Damit spielte er nicht zuletzt auf die steile Karriere von Emmanuel Macron an.
 
Einen ähnlich guten Auftritt hatte Marine Le Pen, die die einzige Frau in der Runde war. Sie provozierte, war angriffslustig und konnte sich als „politischer Außenseiter“ in der Runde darstellen. Bei fast jedem Themenkomplex brachte sie ihre beiden wichtigsten Themen – EU und Migration/Islam – unter. Sie konnte die Angriffe v.a. von Macron nicht nur gut abwehren, sondern ging selbst wiederum immer wieder zum Angriff über. So unterbrach sie etwa Emmanuel Macron mit den Worten, dass er das Talent besitze, viel zu reden und nichts zu sagen und damit hatte sie das ausgesprochen, was ich selbst in dem Moment auch gedacht habe. Insgesamt wirkte sie sehr gut vorbereitet (auch wenn sie wohl zitierte Statistiken gefälscht hat – http://lemde.fr/2mpCxfS), ohne auswendig gelernt rüber zu kommen.
 
Emmanuel Macron dagegen blieb in meinen Augen relativ schwach. Nicht nur, dass er sich immer wieder verhaspelte und sich versprach, sondern auch weil viele seiner Statements einfach zu auswendig gelernt rüberkamen. Er war merklich nervös und auch viele seiner „Gefühlsausbrüche“ und Angriffe wirkten sehr einstudiert. Einzig beim Thema Religionsfreiheit konnte er punkten und landete einen Treffer bei Le Pen, als er sie aufmerksam machte, dass er keinen „Bauchredner“ brauche. Angriffe auf ihn konnte er jedoch nur selten gut abwehren. Oftmals wich er dabei auf ein ganz anderes Thema ab. Heikel wurde es, als der sozialistische Kandidat Benoît Hamon ihn auf die Finanzierung seiner Bewegung „En Marche!“ ansprach und andeutete, dass diese von Ölfirmen und der Pharmaindustrie gesponsert wird. Macron konnte dem nur wenig entgegensetzen und verwies nur auf die eigene „Transparenz“.
 
Die beiden Kandidaten der großen Parteien, Francois Fillon (LR) und Benoît Hamon (PS) blieben schwach. Vor allem Fillon konnte eigentlich gar keinen Punkt setzen und blieb blass. Hilflos rief er einmal in die Runde „Wird das hier ein Duell zwischen Marine Le Pen und Jean-Luc Mélenchon?“. Überraschend war auch, dass Fillon von den anderen Kandidaten nicht stärker aufgrund seines Ermittlungsverfahrens angegriffen wurde. Fillon hatte jahrelang seine Frau und seine Kinder zum Schein als parlamentarische Assistenten beschäftigt.
 
Benoît dagegen hatte ein paar gute Momente, hielt sich aber überraschender Weise zurück. Eigentlich hätte man erwarten können, dass er stärker angreift. Außer den oben genannten Punkt mit der Finanzierung von „En Marche!“ hielt auch er sich mit Angriffen zurück. Zudem wurde deutlich, wie stark sich die Programme von Mélenchon und Hamon sich gleichen. In den Themen Bildung, Gesundheit, Ökologie, Sicherheit, Säkularismus oder Einwanderung haben sie eigentlich fast identische Forderungen. Die inhaltlichen Divergenzen wurden nur deutlich, als Hamon für sein bedingungsloses Grundeinkommen warb und Mélenchon sie als unrealistisch und in der aktuellen Zeit als gefährlich bezeichnete. Insgesamt hatte sich Hamon aber deutlich zurückgezogen und verblasste regelrecht hinter dem sehr charismatischen und witzigen Mélenchon.
 
Das erste Fernsehduell war ein erster Test für die zwei weiteren Debatten am 4. und 20. April. Es wird spannend werden, was bis dahin noch passieren wird. Der Wahlkampf erscheint dieses Jahr ziemlich verrückt und wurde selten so hart geführt. Dafür war das Fernsehduell überraschend ruhig und gesittet. Heute ist übrigens rausgekommen, dass der konservative Francois FIllon über seine Beratungsfirma ein Treffen zwischen Vladimir Putin und einem libanesischen Geschäftsmann arrangiert und dafür 50.000 US-Dollar verdient haben soll. Zudem wurde heute bekannt, dass die Ermittlungen gegen ihn ausgeweitet wurden. Ob Francois Fillon am 4. April also nochmal bei einem TV-Duell teilnehmen oder ob er bis dahin von seiner Kandidatur zutreten wird, bleibt also die nächste spannende Frage.
 
Foto: Remy Noyon/ Flickr.com (http://bit.ly/2nHeUQe)

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